7.11.12

Vollgeld: IWF-Modell bestätigt Irving Fischer

Zu einem Umdenken beitragen könnte allerdings, dass die IWF-Ökonomen in ihrem Modell alle von Fischer intuitiv und kaum formal begründeten Behauptungen "voll" bestätigt fanden. Dazu nutzten sie die State-of-the-art-Technologie der modernen Finanzökonomik, ein "mikrofundiertes und vorsichtig auf die heutigen US-Finanzmärkte kalibriertes monetäres Dynamic Stochastic General Equilibrium (DSGE) Modell, dessen wesentliche Charakteristik darin besteht, dass Geld nicht von den Banken, sondern zinsenfrei vom Staat kreiert wird".
Our analytical and simulation results fully validate Fisher's (1936) claims. The Chicago Plan could significantly reduce business cycle volatility caused by rapid changes in banks' attitudes towards credit risk, it would eliminate bank runs, and it would lead to an instantaneous and large reduction in the levels of both government and private debt.
    Jaromir Benes/Michael Kumhof (IWF)
Ihr Ergebnis war, dass durch den Chicago-Plan die von der schwankenden Risikoneigung der Banken verursachte Volatilität der Wirtschaftszyklen signifikant verringert werden würde. Bank-runs wären eliminiert und es käme zu einer sofortigen und großen Verringerung privater und öffentlicher Schuldenniveaus.
Darüber hinaus finden sie aber noch weitere Vorteile, an die Fischer nicht gedacht hatte. So würden im neuen System diverse Störungen eliminiert, die den Output im alten System reduzieren. So würden die Aufschläge für Zinssatzrisiken reduziert und Steuern gesenkt werden, überdies könnte die kostspielige Überwachung makroökonomisch unnötiger Kreditrisiken entfallen. Für die von Gegnern des Systems gerne gebracht Befürchtung steigender Inflation konnten die Ökonomien hingegen keinerlei Bestätigung finden, viel mehr sei eine Reduktion zu erwarten.
Quelle: Kommentare zum IMF Working Paper WP/12/202 Anfang Okt. 2012

2.11.12

Den Eigenhandel der Banken verbieten

AL: Herr Binswanger, der Schuldenschnitt bei Griechenland ist gesetzt. Müssen jetzt die Banken gestützt werden? 
Die Banken müssen jetzt ihre Gläubigerpositionen zusammenstreichen. Das hätte schon längst gemacht werden müssen. Aber man wollte eher die Banken schonen als Griechenland retten.
AL: Bereits im Juli haben Banken und Investoren zugesagt, freiwillig im Schnitt auf 21 Prozent ihrer Forderungen zu verzichten. Finanzminister Schäuble hält das nicht für ausreichend. Und Sie?  
Binswanger: Schäuble hat recht. Es muss eine radikale Umschuldung geben. Es stellt sich aber auch die Frage, ob man nicht noch zusätzliche Wege beschreiten muss.
AL: Welche?
Binswanger: Die Banken dürfen nicht mehr die Schaltzentrale der Wirtschaft sein. Momentan können sie im Prinzip ohne Grenzen Geld schöpfen. Die Zentralbanken müssen heute die Bankgeldschöpfung mit eigenem Geld nachfinanzieren, wenn sie keine allgemeine Krise riskieren wollen. Sie sollten daher die Kontrolle über das Geld wieder zurückgewinnen, das heißt künftig das Monopol auf die Kredit- und damit die Geldschöpfung haben. Dabei müssen allerdings die Zentralbanken ihre Ziele über das Ziel der Stabilisierung der Güterpreise hinaus erweitern: keine Inflation der Vermögenswerte und Aktien, keine Spekulationsblasen, und die Ressourcen unserer Erde dürfen nicht überbeansprucht werden.
AL: Ihr ehemaliger Doktorand, Josef Ackermann, wehrt sich gegen die geplanten Eigenkapitalvorschriften. Er hält nicht die Finanzierung der Banken für das Problem, sondern die Tatsache, dass Staatsanleihen nicht mehr risikolos sind. Die Politik müsse das Vertrauen in die Stabilität der Staatsfinanzen wieder herstellen.
Binswanger: Natürlich müssen die Staaten sparen. Aber solange die Banken über das Tempo der Geldschöpfung entscheiden, werden wir von einer Krise in die nächste stolpern. Da können die Staaten so viel sparen, wie sie wollen. Wenn von vorneherein alle Kredite mit Zentralbankgeld gedeckt werden müssten, ich denke an die Idee des 100-Prozent-Geldes von Irving Fisher, könnte man künftige Krisen verhindern.
AL: Wenn die Staaten sparen, droht dann nicht Rezession?
Binswanger: Nicht, wenn die Banken das tun, wofür sie eigentlich da sind: die reale Wirtschaft finanzieren, Unternehmen Kredite geben. Sie sollen ihre wichtige Handelsfunktion behalten: Kleine Beträge einsammeln und große weitergeben. Und sie machen kurzfristig investiertes Geld zu langfristigem. Aber der Spekulation muss Einhalt geboten werden. Der Eigenhandel der Banken, mit dem vor allem spekulative finanzielle Finanzwerte geschaffen werden, sollte darum stark eingeschränkt, am besten verboten werden. Dann kann man die Rezession verhindern, weil dann wieder die Finanzierung der realen Investitionen in den Vordergrund tritt.
AL: Wer soll das machen?
Binswanger: Das ist Aufgabe der Regierungen und Parlamente. Sie müssen die entsprechenden Gesetze erlassen. Es ist auf jeden Fall ein längerfristiger Prozess, aber wir sollten uns auf diesen Weg begeben. Sonst bekommen wir hohe Inflation und weitere Staatsbankrotte.
AL: Glauben Sie, dass die Regierungen das tun werden?
Binswanger: Momentan eher nicht. Kurzfristig bin ich pessimistisch. Mit zunehmenden Krisen steigt aber auch der Druck auf die Regierungen, ihrer demokratischen Legitimierung gerecht zu werden. Ich kann mir daher vorstellen, dass die Krisenausläufe doch zu radikaleren Reformen führen werden. Langfristig bin ich optimistisch.          
Von: Astrid Lipsky  Für: DAS INVESTMENT.com  Am: 19.10.2011